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Herzfleischentartung
Roman
München 2005


192 Seiten, 12 x 19 cm Paperback

€ 9,50, SFr 16,80
ISBN: 3-423-13319-8
dtv

vergriffen

Zum Buch:

lm Jahr 1940 errichtet die SA im Innviertler Dorf St. Pantaleon ein "Arbeitserziehungslager" und nach dessen überhasteter Schließung 1941 ein "Zigeuneranhaltelager". Hunderte willkürlich Inhaftierte werden dort gequält, etliche umgebracht. Lagerarzt ist der dazu genötigte Gemeindedoktor. Lange Zeit konstatiert er irgendwelche harmlose Todesursachen (die "Herzfleischentartung" bei einer Zigeunerin ist allerdings nicht seine Erfindung). Eines Tages aber schaltet er die Staatsanwaltschaft ein. Die Aktenbestände der damit ausgelösten Untersuchung sind erhalten. Sie waren für Ludwig Laher die Grundlage seiner literarischen Arbeit, die sich im Ton zum Teil in beklemmender Weise der Sprache und Logik der Mörder bedient.

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Kritikerstimmen:

lls feinnerviger Biograph vergessener Künstlerfiguren hat sich Ludwig Laher einen Namen gemacht: Mit seinen Prosastudien „Selbstakt vor der Staffelei“ (1998) und „Wolfgang Amadeus junior: Mozart Sohn sein“ (1999) richtete er dem Maler Victor Emil Janssen sowie dem Sohn des großen Komponisten poetische Erinnerungsorte ein. Wenn sich Lahers literarische Suchscheinwerfer nun erneut in die verschatteten Zonen der Vergangenheit richten, so treffen die Lichtkegel seiner Aufmerksamkeit diesmal nicht auf ein prekäres Künstlersubjekt, sondern fokussieren ein Stück verdrängter Kollektivgeschichte an einem Nebenschauplatz des Dritten Reiches. Es ist das später zum „Zigeuneranhaltelager“ umfunktionierte „Arbeitserziehungslager“ im oberösterreichischen Weyer-St. Pantaleon. (...) Ludwig Lahers Methode erinnert an die Poetik des Radio-Features, welches sich teils über die Erzählerstimme, teils aus Originalton und Hörbild forterzählt. Dazu passt auch die sorglich abgestimmte Melodik, mit welcher Laher seinen Moderator versieht: Die trefflich „sprechbar“ gerundeten Sätze klingen, als wären sie à haute voix komponiert, und erzeugen auf diese Weise einen zwingenden Sog.

(Christiane Zintzen, Neue Zürcher Zeitung)

leitgeschichte als Dichter verarbeiten, aber ohne erfundene Handlung. Genau an der Wirklichkeit entlang, aber ohne Abstriche vom formalen Anspruch, den man auch sonst an sich stellt. Das ist schon ein schwieriges Programm. Ludwig Laher hat es gewagt. Das Unternehmen ist geglückt. (...)
Wie er es tut, wie er ausspart oder höchstens andeutet, was er nicht weiß, dies zeugt von hoher Kunstfertigkeit. Wir haben es ja vor allem mit einem ansehnlichen Stück Literatur zu tun und mit keinem Sachbuch. Doch solche Literatur kann in den Köpfen der Leser vielleicht mehr bewirken als das beste Sachbuch.

(Hellmut Butterweck, Die Furche)

lie Kontinuität nationalsozialistischer Überzeugungen, Gedächtnisverlust, Lüge und Festhalten an der Rechtmäßigkeit des Unrechts nach 1945 sind zwar bekannt, aber in dieser Genauigkeit und Kompromisslosigkeit selten dokumentiert worden. Die Forderung, „so genau hinzuschauen, dass es wehtut“, die sich der Autor angesichts der verräterischen Spuren des Dritten Reichs im Nachkriegsösterreich von früher Jugend an auferlegte, macht dieses Buch zu einem außergewöhnlichen Dokument nicht nur der Zeitgeschichte, sie sichert ihm auch seinen hohen literarischen Rang. (...)
Gerade weil es sich an die konkreten Fakten eines regional begrenzten Falles hält, die allerdings durch die Gestaltung die der Literatur innewohnende Allgemeingültigkeit erhalten, gelingt diesem Buch eine Aussage über das Wesen des Nationalsozialismus und sein zähes Überleben, wie es selten so deutlich und überzeugend dargestellt wurde.

(Anna Mitgutsch, DER STANDARD)

las Darstellen von Grauen auch mit dem Auslösen von Lachen zu kombinieren ist ein verflixt schweres künstlerisches Unterfangen. Und gerade bei so heiklen Themen geradezu unumgänglich. Ludwig Laher ist diese Gratwanderung jedenfalls gelungen. Er entwirft eine bewusst lapidar angelegte Romanprosa, die sehr betroffen macht. Die chronikale Kälte mit der perspektivischen „Wir“-Einfärbung und subjektiver Einengung lehrt einen wieder eine Lese-Erschütterung, die angesichts vorheriger Lektüre anderer vergleichbarer Bücher kaum mehr denkbar schien.
Zusammenfassung: Im Vergleich zu themenverwandten Publikationen kann Ludwig Lahers Roman „Herzfleischentartung“ in den ersten Rängen mithalten. Noch viel mehr: es vermittelt absolut eine Neu-Entdeckung, in inhaltlicher wie in formaler Sicht.

(Alfred Pittertschtascher, ORF - Österreichischer Rundfunk)

las Buch ist nicht spekulativ. Es ist nicht reißerisch. Es ist nüchtern. Wo es ironisch ist, fühlt man, dass das Furchtbare, das aus vergangenen Jahrzehnten ins Jetzt herüber weht, nur mit Ironie zu bewältigen ist, will man als Berichterstatter nicht in Emotion verfallen, die die Konturen des Realen verwischte.
Allmählich kommt Licht ins verschleiernde Dunkel auch regionaler Zeitgeschichte. Zu den schon zugänglichen Kenntnissen gesellen sich immer mehr. Das „Es soll endlich einmal Schluss sein mit der Vergangenheit“, von nicht wenigen im Land vertreten, zieht nicht bei jenen, die Verschütten und Vergessen nicht zulassen wollen. Verschütten erhöht die Chance auf Wiederholung.

(Reinhold Tauber, Oberösterreichische Nachrichten)

lin beklemmendes Buch, das in keiner Zeile den Charakter der der Dokumentation ablegt, selbst dort nicht, wo sich eine Erzählinstanz ironisch dazwischenschaltet. (...) Eine Lektüre, die von der ersten Zeile durch die sprachliche Sorgfalt besticht, die weiß, daß die Ausstattung des Stils mit Ornamenten in so einem Text schlichtweg geschmacklos wäre, daß Nüchternheit und Wachsamkeit geboten sind, um sich nicht an der eigenen moralischen Überlegenheit zu berauschen.

(Wendelin Schmidt-Dengler, Ex Libris, ORF-Österreichischer Rundfunk)

leine Meinung, wonach aus der Literatur ebenso viel über Geschichte zu erfahren sei wie aus den Werken der Historiker, ist durch den gut lesbaren Roman von Ludwig Laher erneut bekräftigt worden.

(Helmut Sturm, Salzburger Nachrichten)

ludwig Laher wagte sich an äußerst Heikles. In seinem neuen Buch „Herzfleischentartung“ erforscht er die verdrängte Geschichte des NS-Lagers St. Pantaleon in seiner oberösterreichischen Heimat. Der faktentreue Erzähler ist jedem Historiker überlegen, weil er in seiner Chronik den Zynismus des Nazijargons und der Aktenphrasen produktiv einzusetzen weiß.

(Ulrich Weinzierl, Die Welt)

line penibel-engagierte, mit lakonischer Bitterkeit durchzogene Recherche über das NS-Lager St. Pantaleon. Kernsatz: „Alles darf wer sein, nur lästig nicht.“

(Neue Kronen Zeitung)

leschichtsbücher können höchstens eine Sachlage schildern, für die Vermittlung von Geschichts-Bewusstsein gibt es vermutlich nur den Ausweg über den Roman. Ludwig Laher hat für seine Erinnerungsarbeit also bewusst die Form des Romans gewählt, so ist es ihm nämlich möglich, Fragen in den Text einzuwickeln und Antworten nicht nur als historische Auskunft zu geben, sondern auch im Sinne Robert Musils als Möglichkeit ins Auge zu fassen. (...) Ludwig Lahers Roman ist ein beklemmendes Zeugnis für die Unmöglichkeit, eine Zeit zu verstehen, die gerade dabei ist, sich in die Geschichte zu verabschieden.

(Helmuth Schönauer, Neue Südtiroler Tageszeitung)

ludwig Laher ist mit dem Titel das Meisterwerk gelungen, über tausend Seiten Originalakten von 1940 – 1955 in eine spannende Prosaerzählung zu packen, die in deutlicher Sprache einen tiefen Einblick in die Geschehnisse während des Nationalsozialismus, aber auch in den Umgang mit Opfern und Tätern nach 1945 gibt.

(Mirjam Karoly, Romano Centro)

lerzfleischentartung” ist ein beeindruckender und bedrückender Roman, ein wichtiges Buch.

(Andreas Hauser, Echo)

lursiv gesetzte Originalzitate sind Teil der ästhetischen Konzeption seines Romans, die im eigentlichen Sinne erzählerischen Elemente des Buches überwiegen jedoch bei weitem. Sehr lakonisch, unterkühlt und schroff, bisweilen auch mit bissiger Ironie, führt Laher vor Augen, dass die vorgeblichgen Ordnungskräfte die wahren „Asozialen“ waren – Schinder und Schergen, die ihre sadistischen Neigungen hemmungslos ausleben konnten. (...) „Herzfleischentartung“ von Ludwig Laher – eine exemplarische Fallstudie über den Naziterror in der österreichischen Provinz, ein semi-dokumentarischer Heimatroman, der einen das Fürchten lehrt.

(Ulrich Klenner, BR-Bayerischer Rundfunk)

lies ist eine Geschichte nationalsozialistischer Willkür in Österreich, an der sich Österreicher willig beteiligten. (...) Dies ist eine Geschichte der Schuldverdrängung. (...) Dies ist kein Roman im üblichen Begriffsverständnis. Aber das Buch läßt aus Akten Figuren entstehen. Laher, der sich als Erzähler bisher an Künstlerviten gehalten hat, gibt in diesem Zeitgeschichtsbild zugleich ein Stück Mentalitätsgeschichte. Die häufigen Zitate aus Akten und Protokollen werden zu Bestandteilen einer „ästhetischen Konzeption“; das Buch ist keine bloße Dokumentation. Der Erzähler wählt für seinen Bericht die sprachliche Satire; immer wieder übernimmt er ironisch die zynische Denk- und Redeweise der Täter oder enthüllt im Stil einer überzogenen Verharmlosung und Verdrehung die Beschwichtigungstendenz sowohl bei Tätern wie auch bei Mitläufern.

(Walter Hinck, Frankfurter Allgemeine Zeitung)

lls LeserIn muss man vor diesem Schriftsteller ständig auf der Hut sein. Er nimmt einen bei der Hand und führt einen zu Plätzen und Ereignissen, denen man sich selbst niemals ausgesetzt hätte. Mit einer sehr leicht scheinenden, geistvollen und manchmal sogar witzigen Sprache verführt er dazu, die emotionale Deckung, die man sich für solche Literatur zurecht gelegt hat, etwas sinken zu lassen, und erreicht dadurch auch bei sich abgebrüht wähnenden Menschen Fassungslosigkeit und Bestürzung. Ein Buch, dessen Lektüre mir schwer gefallen ist, das ich aber keinen Moment missen möchte.

(Andi Wahl, prairie)

lrinnerungen lassen sich bekanntlich verdrängen, aber nicht auslöschen. Der Mantel des Schweigens, der sich nach dem Krieg hierzulande um die während der NS-Zeit von Österreichern begangenen Verbrechen legte, verhinderte nicht, daß sie immerfort präsent blieben. Allerdings mußten Jahrzehnte vergehen, bevor zum Beispiel ein Autor wie der 1955 geborene, heute in der oberösterreichischen Gemeinde St. Pantaleon lebende Ludwig Laher (...) in einer gekonnten Mischung aus Literatur und Dokumentation jene  NS-Verbrechen zum Thema eines Buches machte, die nicht im fernen Auschwitz, in Riga oder im etwas näher gelegenen Mauthausen, ja nicht einmal in der „anonymen Großstadt“ Wien verübt wurden, sondern an einer der zahlreichen anderen, kleineren, alltäglicheren Stätten des Grauens, an denen der Terror unmittelbar vor den Haustüren derer stattfand, die später nichts davon gewusst und gesehen haben wollten. (...)
Laher stützt sich bei seiner Erzählung weitgehend auf Dokumente, Briefe und Prozessakten. Allzu differenzierte Psychogramme der Opfer und Täter zu zeichnen, ist nicht sein Ziel. Aufgrund des zur Verfügung stehenden Materials wäre dies auch kaum möglich. Statt dessen stellt er Mutmaßungen an, wechselt geschickt die Perspektive, persifliert sowohl die Sprache von Amtsstuben wie die von Stammtischen oder ersetzt den auktorialen Erzähler durch ein bitter-ironisches „Wir“.
Laher zeigt, wie sehr sich Geisteshaltung und Ideologie im Dritten Reich und im „neuen, freien, zukunftsreichen Österreich“ der Nachkriegsjahrzehnte ähneln.

(Vladimir Vertlib, Wiener Zeitung)

ler österreichische Schriftsteller Ludwig Laher ist ein typischer Autor seines Landes, typisch im Sinne des Bitter-Galligen. (...) Der Autor, den diese entseelte Zeit nicht ruhen läßt, wählt eine Sprache, die sich manchmal bewusst der Diktion der Täter bedient: als verstärkendes Moment der Grausamkeiten und als schwarzer Humor, der Abwehr und Distanz ermöglicht.

(Lerke von Saalfeld, SWR-Südwestrundfunk)

lin herausragendes Buch. (...) Der oberösterreichische Autor hat sich für seinen knapp 200 Seiten starken Roman durch tausende Seiten von Originalakten gearbeitet, und dass es ihm dabei gelungen ist, nicht nur den berühmten „roten Faden“ zu sichern, sondern auch noch eine literarisch höchst überzeugende Konstruktion für dieses verdrängte Kapitel österreichisch-nationalsozialistischer Geschichte zu finden, das ist schon einmal das erste große Verdienst Lahers.
Ludwig Laher begibt sich nämlich in eine gewagte Erzählerposition. Er
reportiert die grausamen Geschehnisse mit größtmöglicher Distanz, lässt die Tatsachen für sich sprechen und erreicht mit dem ihm eigenen Sarkasmus jene Betroffenheit beim Leser, die er sich wohl erhofft hat. (...)
Die Liste dieser lakonischen Zitate ist lang, und gewiß gibt es für diese literarische Methode – zumindest in Österreich - eine „Ahnfrau“, und die heißt Elfriede Jelinek. Doch Ludwig Laher versteht es in jedem Moment seines Romans, Epigonalität zu vermeiden. Ganz im Gegenteil. Hier geschieht etwas unerhört Neues, das man im Kanon der antifaschistischen Literatur, wie sie vor allem seit Ende der achtziger Jahre geschrieben wird, vergeblich suchen wird.

(Gerhard Moser, Literatur und Kritik)

ludwig Laher knüpft in seinem Buch an eine Erzähltradition an, die Tadeusz Borowski und Edgar Hilsenrath in die Holocaust-Literatur einbrachten: das zutiefst Unmenschliche nicht pathetisch oder larmoyant, sondern triefend ironisch zu vermitteln. Das ist eine Form des Erzählens, die man nicht mit Zynismus verwechseln darf, obwohl und gerade weil sie sich der Sprache der Mörder bedient.

(Kai Agthe, Ossietzky)

ln "Herzfleischentartung" widmet sich einer der zur Zeit vielbeachtetsten österreichischen Gegenwartsautoren Menschen, denen selbst ein Leichentuch versagt blieb. (...) Er schreibt kein Sachbuch, er montiert Realitäten und erweist sich dabei als faktentreuer Erzähler, der den Zynismus der Nazis und ihrer Aktenphrasen gezielt einsetzt. (...) Tief ins Herz des Lesers graben sich die knapp 200 Seiten des Buches. Der Autor hat so genau hingesehen, dass es wehtut.

(Stefan Rammer, Passauer Neue Presse)

ludwig Laher schreibt weder eine wissenschaftliche Abhandlung noch einen historischen Roman. Er ist mit Jahrgang 1955 auch zu jung, um eigene Erinnerungen aufzuarbeiten. Für die schwierige Gratwanderung zwischen allen formalen Fronten, wo Betroffenheitsprosa und Statistikexerzitien lauern, hat er seinen eigenen Stil entwickelt. Ein kollektiver Erzähler kommentiert das Geschehen aus der Distanz des Nachgeborenen und mit dem Einfühlungsvermögen des Mitleidenden. Das Beklemmende und Absurde sind gleichzeitig präsent.

(Gretl Köfler, Tiroler Tageszeitung)

lin Buch, das in die Zeit gehört. Damit sich die Zeiten nicht wiederholen. Ein Buch, das auch stilistisch fasziniert.

(Halle Blitz)

ls ist ein seltsames Wort, das dem jüngst im Innsbrucker Haymon-Verlag erschienenen Roman von Ludwig Laher den Titel gibt: „Herzfleischentartung“. Doch handelt es sich um keine literarische Schöpfung des Autors, sehr wohl aber um einen Kunstgriff, der durch seine historisch-authentische Dimension tief betroffen macht.

(Edgar Schütz, APA)

ls ist geradezu unmöglich, als Leser distanziert zu bleiben und einfach eine Lektion in Sachen Zeithistorie über sich ergehen zu lassen. Im stilistischen Sinne hauptverantwortlich dafür ist eine Position quasi zwischen den Zeiten, die der kollektive Wir-Erzähler des Romans einnimmt. Mit seiner Hilfe gestaltet Laher eine ständig changierende Perspektive, die es erlaubt, Vergangenes und Gegenwärtiges, Zitate, Schilderungen und Kommentare praktisch übergangslos souverän miteinander zu verknüpfen. Resultat ist eine komprimierte und luzide durchgeführte Analyse des tödlichen Kreislaufs von legalisierter Willkür einerseits und der Situation völlig entrechteter Menschen andererseits.

(Arno Russegger, literaturhaus.at)

ludwig Laher hat ein faszinierendes Buch geschrieben über die kleinen Täter, Mitläufer, Denunzianten und Feiglinge, die den „Erfolg“ des Nationalsozialismus möglich machten, nachher nirgends dabei waren und sich an nichts erinnern konnten – Herr Karl läßt grüßen. Aber Laher geht darüber hinaus. (...) Kein Sachbuch, sondern „Faction“, in jeder Hinsicht das Gegenteil einer „raunenden Beschwörung des Imperfekts“.

(Andreas Weber, Die Presse)

lahers Roman (...) löst, obwohl der Leserin, dem Leser keine Möglichkeit gegeben wird, mit den Figuren verbunden zu werden, da keine von ihnen über mehr als ein paar Seiten entwickelt wird, von Anfang an Betroffenheit aus. (...) Laher hat (...) für die Einbettung von Geschichte in Prosa eine überzeugende Formel gefunden.

(Der kleine Bund)

ludwig Laher knüpft in seinem auf wahren Begebenheiten basierenden Buch an eine Erzähltradition an, die Tadeusz Borowski und Edgar Hilsenrath in die Holocaust-Literatur einbrachten: Das zutiefst Unmenschliche nicht pathetisch oder larmoyant, sondern ironisch mitzuteilen. Das ist eine Form des Erzählens, die man nicht mit Zynismus verwechseln darf, obwohl und weil sie sich nicht selten der Sprache der Mörder bedient. „Herzfleischentartung“ ist ein gewichtiger Beitrag zur – nicht nur im Österreich der ersten Nachkriegsjahrzehnte – ausgebliebenen Erinnerungskultur.

(Kai Agthe, Ostthüringer Zeitung)

las Leid, dem Laher in seinem Buch authentisch nachspürt, wurzelt tief im dunkelsten Kapitel deutsch-österreichischer Geschichte. (...) Im kollektiven Erzählstil nimmt Ludwig Laher den Leser auf eine beklemmende Zeitreise mit. (...) Dabei wechselt Laher oft seine Perspektive: Hier bringt er in höhnischer Sprache die nüchterne Logik der Täter zum Ausdruck, dort versucht er, das Geschehene vom heutigen Blickwinkel aus zu erfassen. Nicht selten kollidieren die bedrückenden Gefühle des Lesers mit absichtlich unpassendem Plauderton.
An St. Pantaleon zeigt Laher exemplarisch, wie die Mühlen des Vergessens mahlen.

(Susanne Köhler, Südkurier)

ls ist ein beklemmendes Buch, das nichtsdestotrotz gerade deshalb auf die verbindliche Leseliste österreichischer Schulen gehörte. (...) Ludwig Lahers Band ist ein Meisterwerk der zeitgeschichtlichen Dokumentation – und eine große Erzählung.

(Sylvia Treudl, Buchkultur)

ln scheinbarer Teilnahmslosigkeit und einer fast perfid chronikalen Sachlichkeit bedient sich Laher des Tonfalls und des herrschenden Vokabulars damaligen Unmenschentums, wechselt immer wieder in die Erzählperspektive von heute und verfolgt die Protagonisten des bestialischen SA-„Erzieherteams“ bis in die Volksgerichtsverhandlungen der Nachkriegszeit. (...)
Ein bitteres, aber nicht hasserfülltes Buch, ein wertvolles, spannend geschriebenes Mahnmal gegen das allzu rasche und bequeme Vergessen.

(Rudolf Kellermayr, Bücherbord)

ls ist kein typisches Betroffenheitswerk über den Nationalsozialismus. Es ist ein Roman, bei dem man wirklich viel Neues dazulernt. Der Leser erfährt von der Vielschichtigkeit und inneren Gebrochenheit eines totalitären Regimes, von den Möglichkeiten, sich zu verhalten. Überraschende historische Fakten, präzise recherchiert, mit gekonnter Kraft in Literatur verwandelt.

(Heinrich Breidenbach, Salzburger Fenster)

leklemmend, schmerzhaft und unbequem ist die Lektüre von Ludwig Lahers neuestem Roman „Herzfleischentartung“. Das dunkelste Stück regionaler Zeitgeschichte wird darin dem drohenden Vergessen und gewolltem Verdrängen entrissen, ein Stück Zeitgeschichte, das sich direkt in der Gemeinde abgespielt hat.

(Hans-Peter Gamsjäger, Braunauer Rundschau)

len Auswüchsen der „ordentlichen Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches" und den hohlen Pfeilern der Zweiten Republik ist selten ein Autor derart schonungslos zu Leibe gerückt.

(Michael Stadler, Flachgauer Nachrichten)

ler Autor (...) gräbt in der Geschichte, er pflügt die Akten durch und deckt literarisch auf, was die Bürger "glücklich" verschüttet glaubten. Laher hangelt sich am Dokument entlang, ein Spürhund, dem nichts entgeht, dann aber sucht er eine Sprache, die das Geschehen damals und heute begreifbar machen soll.

(ff - Südtiroler Wochenmagazin)

lit "Herzfleischentartung" hat sich Ludwig Laher auf eine literarische Heimaterkundung begeben, in der er über lange Jahre hinweg Verschwiegenes, Tabuisiertes, die Betroffenen immer noch Belastendes, weil nicht Ausgesprochenes endlich thematisierte. (...) Sein formaler Anspruch - einen Roman zu schreiben und kein Sachbuch - gibt dem Buch jene Dimension der Beklemmung, des Sich-Nicht-Entziehen-Könnens, erlaubt er ihm doch, lakonisch und bitterböse den Jargon der Nazi-Sprache zu persiflieren und so dessen Unmenschlichkeit bloßzulegen. Der Schriftsteller darf, im Gegensatz zum Dokumentaristen, Fragen stellen, er darf sich emotional einbringen, darf Perspektiven wechseln und so aufzeigen, wie sehr vergangen und bewältigt geglaubte Meinungen, Haltungen und Ideologien immer noch in die Gegenwart hinein ausstrahlen.

(Anna Rottensteiner, Die Rampe)

luf den „Roman“, eigentlich die Erzählung, „Herzfleischentartung“ von Ludwig Laher bin ich (Schülerin, 14) zufällig in der Bibliothek meiner Eltern gestoßen. (...) Mich hat dieses Buch zutiefst erschüttert, weil ich weiß, dass dies nicht nur eine Geschichte ist, sondern tatsächlich in der unmittelbaren Umgebung meiner Heimatstadt Braunau passiert ist. Dieses Buch sollte meiner Meinung nach in den Geschichteunterricht als Literaturbeitrag mit einbezogen werden, um die Schüler sensibel dafür zu machen, dass man mit allen Mitteln verhindern muss, dass solche Grausamkeiten jemals wieder passieren können.

(Heidrun Ourada, Kundenbewertung für Amazon.de)

laher bewegt sich stilistisch herausragend zwischen Sachlichkeit, der faschistoid schnoddrigen Terminologie der NS-Zeit und teils ätzender Überhöhung. Die Fakten und Geschehnisse werden mit souveränem Kalkül erzählt und bewerten sich selbst.

(Jurybegründung zur Zuerkennung des österreichischen „Buch.Preis 2001“)

lin an Erich Hackl und in einigen Passagen an Heimrad Bäcker gemahnendes literarisches Verfahren, das die präzisen Erzähler-Einsichten und „vergegenwärtigenden Imaginationen“ (Christiane Zintzen, NZZ, 16. Mai 2001) jeweils auf dem Fundament des Dokumentraischen aufbaut, läßt sowohl die Geschichte eines schrecklichen Systems als auch Geschichten von Opfern und Tätern erstehen. (...) Die sprachliche Prägnanz sowie die Verbindung von nüchterner und ironischer Erzählweise heben den Zynismus, die Brutalität, den Opportunismus und deren sprachliche Verkleidungen hervor: (...)
Ludwig Laher (...) legt eine besondere Methode des Erzählens von Österreichs Vergangenheit vor, die auch Kontinuitäten und Gegenwartsbezüge ebenso nüchtern wie differenziert vorzubringen vermag. Er schildert nicht nur im Detail und in größeren Zusammenhängen, wie eine von Jörg Haider behauptete „ordentliche Beschäftigungspolitik“ im NS-Staat tatsächlich ausgesehen hat. Es ist Laher ein Buch gelungen, „das wie nur wenige zuvor die Zäsur von 1945 einebnet“ (so Wendelin Schmidt-Dengler, ORF, Ex libris, 10. Juni 2001), „die vaterländische Rhetorik nach 1945 als einen geradezu frevelhaften Umgang mit erkenntnishemmenden Euphemismen bloßstellt, das vor allem aber auch einen Subtext enthält, der die österreichische Gegenwart betrifft“.

(Klaus Zeyringer: Österreichische Literatur seit 1945, S. 613f)

l'auteur qui explique s'être plongé " avec une précision douloureuse " dans des milliers d'archives, s'emploie en effet à fondre çà et là des fragments de textes originaux tirés de documents officiels, des citations, des déclarations de témoins ou d'accusés extirpées de procès-verbaux, de sténos d'audiences tout un matériau verbal propre à la propagande, au "délire racial" nazis, ainsi qu'au jargon bureaucratique et juridique de l'époque , et dont la puissance de surgissement dans le cours de la narration exerce un terrifiant effet de réel et davantage encore, de folie. L'alternance toujours fluide entre cette phraséologie aveugle, débilitante, et la voix implacable du narrateur qui joue sur l'euphémisme et l'antiphrase pour décrire les scènes de sadisme acharné autant que celles concernant la complaisante passivité de la population locale, n'en demeure pas moins éprouvante.

(Sophie Deltin, Le Matricule des Anges)

lhe English translation of Heart Flesh Degeneration, Austrian Ludwig Laher's novel about the Nazi concentration camps, (...) a must-buy.

(Patrick Langston, The Ottawa Citizen)

leart flesh degeneration" is a term used by a camp doctor of a Gypsy detention centre during 1941 in the Austrian countryside of St. Pantaleon to describe the 'harmless' cause of death of (...) inmates in the camp. (...) The author finely sifts the material at his disposition and presents the veracity of the events that took place in the camps to cover up or justify their vile acts. The author also opens another window of the denazification of Austria. Nazism had become a way of life. (...) This book is priceless as it presents the truth.

(Anthony Zarb Dimech, The Sunday Times, Malta)

lranslated as Heart Flesh Degeneration, the Austrian author's novel is a chilling account of the persecution of gypsies during the Nazi era. The files relating to the legal investigation form the basis of this literary work.

(Ieteke Oggel, Limerick Leader)

lerzfleischentartung has rightly been acclaimed by critics, yet the predominant focus in the reception is on the deeply shocking revelations of sadism and brutality towards forced labour and Sinti and Roma during the Nazi period in the Ostmark. The narrator makes it abundantely clear that he wishes 'so genau hinzuschauen, daß es wehtut'. (...) Laher juxtaposes different layers of discourse and presents historically documented evidence within the portrayal of landscape. By focussing on the importance of the landscape within the novel it is possible to to perceive the subtleties of the literary style and the bridges between the past and the present, and the intricacies of the Heimat-reader-landscape relationship. The use of the metaphor of restructuring of land and the nation, the romanticism of the countryside, later revealed as a pseudo-utopian Heimat, the use of irony to reconfigure the forest, the river and expanses of land as elements of a socio-political map of the past, are features which culminate in the focus on memory.

(Susan Tebbutt:. The Politicised Pastoral Idyll in Ludwig Laher's 'Heimatroman', Herzfleischentartung. In: Cityscapes and Countryside in Contemporary German Literature, S. 291 - 307)

lt is, however, the essay “The Politicised Pastoral Idyll in Ludwig Laher’s ‘Heimatroman’ Herzfleischentartung by Susan Tebbutt that anchors this section with the clearest contextualization of Heimat in contemporary literature. Because of Laher’s nuanced depiction of the town/country dichotomy, which goes beyond the simplistic evil city dwellers and innocent country folk, Tebbutt describes Laher’s work as an anti-Heimatroman. This then, according to Tebbutt, allows Laher to redeem and reclaim the concept of Heimat despite its NSDAP tarnish.

(German Studies Review 30/1/2007)