Bitter 238 Seiten,
13 x 21 cm € 19.90 (D); 20.50 (A) ISBN: 978-3-8353-1387-3 Wallstein |
Zum Buch: Bis zu seinem Tod Ende der fünfziger Jahre ist Bitter immer elegant davongekommen, nun wird ihm endlich im Erzählen der Prozeß gemacht. Ludwig Laher zeichnet - minutiös recherchiert - in verschiedenen Tonlagen den bemerkenswerten beruflichen wie privaten Werdegang des Gestapo-Chefs von Wiener Neustadt und Massenmörders von Charkow nach (der in Wirklichkeit anders hieß). Wert legt Laher auf die kleinen, sonst oft übersehenen Details, etwa wenn er erzählt, wie Bitter nach dem Krieg von einem prominenten jüdischen Anwalt verteidigt wird, dessen Eigentum er Jahre zuvor arisiert hat. (aus der Vorschau des Verlags)
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Kritikerstimmen:„Bitter“ erzählt von einem Nationalsozialisten der ersten Stunde, der für Folterungen und Tötungen verantwortlich war und dafür nie zur Verantwortung gezogen wurde. „Bitter“ ist ein Roman. Doch nichts am Erzählten ist erfunden. Laher hält Gerichtstag. Literarisch. Exemplarisch. Akribisch schildert der 1955 in Linz geborene Autor, der in Büchern wie „Herzfleischentartung“ (2001) einen bemerkenswerten Ton gefunden hat, Engagement und Literatur zu verbinden, das Leben des Dr. Friedrich Bitter, eines Juristen, der seine rechte Weltanschauung früh in den Dienst der damals in Österreich noch illegalen Sache gestellt hat. Skrupellos hat er alles daran gesetzt, in der Maschinerie des NS-Staates keine kleine Nummer zu bleiben, und nach 1945 erfolgreich ebenso viel Energie darauf verwandt, seine Rolle herunterzuspielen. (...) Laher verweigert Psychologie und Motivsuche. Was Bitter gegen seine Mitmenschen hatte, ob Rassismus oder Egoismus sein innerster Antrieb war, ob er aus ideologischer Überzeugung mordete oder nur deshalb über Leichen ging, weil ihm weder Gewissen noch Regime dabei Schranken auferlegten, versucht der Autor gar nicht erst zu ergründen. Beschreibung muss reichen. (...) Laher erliegt nicht der Versuchung, in dessen [Bitters. Anm.] Person zu schlüpfen. Im Gegenteil: Er übernimmt den Juristenjargon des Vorbilds, das dieselben Umstände mal so und mal diametral anders zu interpretieren wusste und es so nach dem Krieg beinahe schaffte, aus der Täter- eine Opferbiografie zu stricken. Laher lässt Akten und Fakten sprechen, meldet sich als Erzähler nur zu Wort, um Dinge klarzustellen und zu kommentieren. (Wolfgang Huber-Lang, Neues Volksblatt) Der Schriftsteller Ludwig Laher gehört in die Kategorie eines Erich Hackl, vielleicht auch eines Walter Kempowski. All diese Autoren widmen ihr Schaffen den grausamen Seiten der Zeitgeschichte. Sie arbeiten mit Dokumenten, sie graben Lebensgeschichten aus. Und doch findet jeder seine Methode, Opfer zu rehabilitieren und Täter als solche zu decouvrieren. Sie wollen im Nachhinein eine Gerechtigkeit herstellen, der sich das Leben verweigert hat. Nach konventionellen romanhaften Anfängen wurde Walter Kempowski zum besessenen Sammler, Ordner und Monteur von Dokumenten. (Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten) Warum aber in Romanform und nicht in Form einer klassischen Biographie? Sicher nicht, um die Freiheiten der Fiktion bedienen zu dürfen, schliesslich ist "Bitter" akkurat recherchiert. Sondern, so darf man annehmen, um sich des grösseren Emotionalisierungspotenzials der Literatur bedienen zu können. Dieses manifestiert sich aber weniger in der empathischen Schilderung von Bitters Opfern, zu denen auch seine Schwester und ihr Ehemann, der 1938 ermordete Kriminal-Oberinspektor Josef Schmirl, gehören. Sondern es zeigt sich in der ungewöhnlich präsenten Figur des Erzählers, der immer wieder in Erscheinung tritt (...), wobei Laher, von dem zuletzt der Prosaband "Kein Schluss geht nicht" (2012) erschien, sprachlich fortwährend zwischen Opfer- und Täterperspektive wechselt. (...) Am Ende muss er seinem "Helden" sogar unfreiwillig Bewunderung zollen dafür, dass ihm "bis zur letzten Sekunde alles zuzutrauen" war (...). Beunruhigenderweise erweist sich Bitter/Kranebitter eben nicht einfach nur als "schlichtes Monster", sondern als "grosser Charmeur und Charismatiker", als "ewiger Tausendsassa" und "höchste flexibler" Opportunist, als eine Art dunkler Zwillingsbruder von Thomas Manns Felix Krull, der im Lauf seines Lebens Vorgesetzte wie Heydrich, alliierte Verhörbeamte, Richter, seine beiden Ehefrauen, zuletzt auch noch seine Schwester um den Finger zu wickeln versteht. Das macht diesen Roman zu einem, gerade in seiner ästhetischen Reflektiertheit, aufregend zu verfolgenden Duell zwischen Erzähler und Protagonisten. (Oliver Pfohlmann, Neue Zürcher Zeitung, Landshuter Zeitung) Der hochrangige NS-Funktionär war im Dritten Reich Gestapo-Chef in Wiener Neustadt, später Kommandant von Sicherheitspolizei und SD in Charkow und in den letzten Kriegsmonaten in Oberitalien eingesetzt. Er war für mehrere zehntausend Morde verantwortlich, vor allem auf dem Gebiet der heutigen Ukraine, schaffte es aber auf beinahe unglaubliche Weise, nach dem Krieg einer Bestrafung für sein mörderisches Tun zu entgehen. Doch Ludwig Laher, einer der bemerkenswertesten Vertreter einer dezidiert "politisch"-aufklärerischen Literatur, geht es um mehr als nur dieses eine Leben. (...) Bitter ist mehr als nur die Verkörperung der Banalität des Bösen, er gehört eher der "Generation des Unbedingten" an, die ihr unbestreitbares organisatorisches Talent bedingungslos in den Dienst der Vernichtung stellte und die dafür sorgte, dass das Massenmorden mit beinahe industrieller Präzision und Intensität vonstatten ging. Besondere Intensität gewinnt Lahers Darstellung dadurch, dass er ständig, manchmal binnen weniger Sätze, die Perspektive wechselt. Er erzählt aus Sicht des Nationalsozialisten ebenso wie mit der Fassungslosigkeit des Historikers, der sich angesichts der Verbrechen und der Art und Weise, wie sie nach dem Krieg ungesühnt blieben, mitunter in eine Art verbitterter Zynismus flüchtet. Ludwig Lahers Buch ist akribisch recherchiert, eindringlich erzählt und angesichts der Monstrosität des Dargestellten oft nur schwer erträglich. Besonders quälend fallen die Passagen aus, die sich mit der völlig ausbleibenden Aufarbeitung der Verbrechen in Österreich befassen. (...) Nach seiner Entlassung 1949 ist er [Bitter. Anm..] dank alter Seilschaften aber bald wieder in Lohn und Brot, und zwar als Außendienstmitarbeiter bei der oberösterreichischen Landesbrandschadenversicherung. Ausgerechnet er, der in Charkow die vergasten Körper seiner Opfer regelmäßig feinsäuberlich stapeln, mit Benzin übergießen und anzünden ließ. "Ausgesöhnt mit der Welt und ganz friedlich sei er eingeschlafen", heißt es, als er 1957 stirbt. Fassungslos legt man dieses Buch beiseite. (Andreas Wirthensohn, Passauer Neue Presse) Schon Daniel Defoes A Journal of A Plague Year war ein dokumentarisches und zugleich romanhaftes Werk, verhandelt es doch im Gewande eines fiktiven Berichts in noch heute erschreckenden Details die Heimsuchung Londons durch den Schwarezen Tod anno 1665. Der literarhistorische Bogen reicht bis zu Truman Capotes In cold blood. Und nun zu Ludwig Laher aus St. Pantaleon. Denn sein Roman Bitter ist keineswegs zufällig ebenso benannt: "Roman". Und diese Einordnung durchzieht das gesamte Buch, das seinerseits Historie rekonstruiert, in diesem Falle eine Biografie. Denn hinter dem Titel gebenden Friedrich, oder kurz Fritz genannten, Bitter verbirgt sich eine reale Figur: Friedrich Kranebitter. (...) Von alldem erzählt Ludwig Laher präzise und detailliert. (...) "Editing and not being a novelist", Fakten zusammenführen und zusammenstellen, sie redigieren und eben nicht zu fabulieren. Dieses Postulat unterläuft Ludwig Laher. Denn zu viele blinde Stellen gibt es, auch wenn er zahlreiche Aktenordner, Dokumente und Aufzeichnungsstapel abgearbeitet und durchgesehen hat. (...) Es ist ein Lehrstück, dem zum Glück das ungelenk Pädagogische eines Rolf Hochhuth ebenso gebricht wie das lamentabel politisch Peinsame eines Heinar Kipphardt oder der flache Agitprop eines Peter Weiss. (...) Das macht diesen Roman, der keiner ist, der keiner sein will und zugleich weiter ausgreift als eine reine Fantasie, lesenswert. (Alexander Kluy, Literatur und Kritik) Friedrich Bitter, das "gewissenhaft zusammengetragene Produkt von Dokumenten und Selbstzeugnissen, von Erinnerungen der Lebenden und der Toten" wird zum Leben erweckt, ein Mann, auf den kein Verlass und der in der Lage ist, jeden um den Finger zu wickeln. Wie anders hätte es ihm gelingen können, nach dem Krieg seine Verbrechen als Gestapochef und SS-Sturmbannführer in Wien, Charkow und Verona zu vernebeln, ja, sich sogar als Verfolgten darzustellen? Ludwig Laher blättert den Lebensweg dieses Täters durch alle Dokumente und Zeugnisse hindurch auf, mit dem Blick des Schriftstellers, der Bitters Tricks kennt und durchschaut; und weil er um seine Verbrechen weiß, skizziert er einen zielstrebig angelegten Lebenslauf – mit bösem und scharfem Blick. (...) Zehn Jahre, nachdem Bitter in Charkow regelmäßig die Leichenberge der Ermordeten verbrennen ließ, ist er als Inspektor einer Brandschadenversicherung wieder bestens im Geschäft. Einer von sehr vielen, wie wir heute wissen. Es ist das große Verdienst von Ludwig Lahers Roman, am Beispiel dieses Einzelnen deutlich zu machen, wie es dazu kam. (Lore Kleinert, Nordwestradio - Radio Bremen) In seinem neuen Roman "Bitter" fragt Ludwig Laher, wie ein aufgeweckter, sozial integrierter und interessierter junger Mann innerhalb weniger Jahre zum Kriegsverbrecher und Massenmörder wird und nach Kriegsende mit einer Selbstverständlichkeit zur Tagesordnung zurückkehrt, als wäre alles nur ein Versehen gewesen. Am Ende steht ein dickes Fragezeichen. Trotz aufwändiger Recherche, kluger Fakteninterpretation und präziser politischer Vorstellungskraft. (...) Nicht zum ersten Mal entscheidet sich Laher für ein halbdokumentarisches Erzählverfahren, dennoch handelt es sich um einen Roman, denn Laher nimmt sich die Freiheit, Quellenlücken mit eigenen Vermutungen zu füllen und Situationen szenisch zu veranschaulichen. Ganz bewusst setzt er auch eine riskante Erzählperspektive ein. Eine auktoriale Erzählerfigur zitiert sarkastisch die Perspektive der Täter. Natürlich weiß man, wie Laher das meint, aber nicht jeder Leser wird es goutieren. Ob Banalität des Bösen oder Skrupellosigkeit aus krankhaftem Ehrgeiz, emotionale Kälte oder heiße Lust aufs Quälen – so wie bei vielen NS-Verbrechern ist auch im Fall Bitter die "Qualität" der kriminellen Energie nicht restlos zu klären. Aber Laher gelingt das Mögliche: Er macht einen konkreten Einzelfall als repräsentatives politisches Phänomen plausibel. (Christian Schacherreiter, Oberösterreichische Nachrichten) Einige hochinteressante Romane aus Frankreich oder Spanien und insbesondere aus Lateinamerika drehen sich um gewaltige Übeltäter in einem inhumanen System des Terrors. Die Literatur in deutscher Sprache hat nach 1945 zwar – wie Hans Lebert oder Gerhard Fritsch – oft die Gemeinschaft als tätige Hölle für die „Anderen“ beschrieben. Sie hat jedoch auffallend wenige Prosawerke zu bieten, die aus der Innensicht eines Bösewichts von Rang den Anschauungen, Beweggründen, psychischen Dispositionen von Tätern nachspürt. Ludwig Laher führt nun in Bitter eine derartige Gestalt vor Augen, den NS-Kriegsverbrecher Fritz Bitter, der Gestapo-Chef von Wiener Neustadt, Charkow und Verona war. Dabei stellt sich die grundsätzliche Frage, wie man eine derartige Biographie, die zu einem Kern des Horrors vordringt, zu schildern vermag: Ob nicht zum einen die Innensicht eine bedenkliche Empathie bewirken sowie das Inhumane humanisieren könne und wie man zum anderen mit den Ungewissheiten, die jeder Lebenslauf birgt, ja verbirgt, verfahren soll. Indem der Figur in der Fiktion – in den ersten Sätzen angesprochen („Natürlich ist er es. Natürlich ist er es nicht.“) – die historische Person beigesellt ist, bietet der Roman nicht nur Einblicke in ein schreckliches Geschehen, sondern dazu außerdem die notwendige Reflexion über das Erzählen, über die Unterscheidung zwischen erzähltem Leben und gelebtem Leben. (Klaus Zeyringer, Volltext) Ludwig Lahers Romane (Herzfleischentartung, Einleben) setzen die Figuren oft einem bürokratischen System aus, an dem die Leserschaft durch Mitwisserschaft beteiligt ist, im Roman Verfahren geht es um das Verwalten exponierter Schicksale, indem man etwa Asylanten selbst in ihren Erzählungen noch im Kreis schickt. In seinem jüngsten Roman Bitter kümmert sich Ludwig Laher um eine hohe österreichische SS-Figur. (...) Aus der Folie einer historischen Figur und der Darstellung als Romanfigur ergibt sich ein plastisches Bild von Mitläufern, tagespolitischen Handlangern und Menschen, die zu Massakern fähig sind, wenn es die Umstände zulassen. Bitter trägt alle diese Schattierungen in sich, oft werden die Dialoge, Beschreibungen und Skizzierungen abgebrochen, damit sich der Leser selbst seine persönliche Eindeutigkeit verschaffen muss. Der Erzählvorgang selbst wird dabei stets subtil thematisiert. (...) Ludwig Lahers Erzählweise dient immer auch der Verknüpfung diverser Lern- und Erfahrungsfelder, im Idealfall kristallisiert das Gelesene zu einem Zuwachs an Bildung aus, wie er manchmal didaktisch zwanglos in einer guten Unterrichtsstunde gelingt. (Helmuth Schönauer, DER STANDARD) "Bitters Geschichte ist sicherlich außergewöhnlich, wirkt in etlichen Abschnitten wie für einen schlechten Kolportageroman erfunden. Doch einzigartig ist sie nicht, ganz im Gegenteil." Und wirkt deshalb, so könnte man diese Selbstkommentierung von Ludwig Lahers Erzähler ergänzen, auch vertraut und oft gehört. Bitter, dieser Mensch mit dem sprechenden Namen, ist eine nach historischem Vorbild gestaltete Figur, die eine exemplarische Karriere nachzeichnet. (...) Es ist eine repräsentative, sattsam bekannte Art von Lebenslauf. Wegen der Haltung des Erzählers, der sich zwar eine "betont nüchterne Betrachtungsweise" auferlegen will, den heiligen Zorn aber nicht zügeln kann, der den nachvollziehbar zynischen Ton und die Schärfe der Sprache grundiert, ist die Variante, die (...) Laher präsentiert, dennoch unbedingt lesenswert. (Thomas Schaefer, konkret) Dem Österreicher Ludwig Laher, Verfasser etwa des Asyl-Romans „Verfahren”, haftet das Etikett des engagierten Literaten an. Zumindest greift er gern zeitgeschichtliche oder politisch brisante Stoffe auf. Allerdings handelt es sich bei Laher um keinen Polterer, sondern um einen vorsichtigen, zurückhaltenden Autor, der sorgsam mit seinem Material umgeht und seine Urteile fein abwägt. Nur manchmal wird er zornig, und dann aus gutem Grund. (…) In „Bitter” erzählt Laher die Geschichte eines Polizisten und späteren Juristen, der sich sehr früh Hitler anschloss und unter ihm im Zweiten Weltkrieg sogar eine ziemlich große Nummer wurde. Und danach? Nun weiß man, dass es das Österreich der Zweiten Republik mit der Aufarbeitung und Aufklärung von Nazi-Verbrechen nicht so hatte. Wie Lahers „Held” sich trotz erdrückender Beweise für seine Verbrechen mit dreisten Lügen und Ausreden rauswinden konnte (er „wird es in der Kunst der Relativierung nach dem Krieg zu höchster Meisterschaft bringen”) und praktisch ungeschoren davonkam, ehe er früh verstarb, überrascht einen an dieser Geschichte dann aber doch. (…) Überhaupt wirkt vieles in dem akribisch recherchierten Roman nicht gerade formschön, aber nach Eleganz zu streben, dürfte auch nicht Lahers Motivation gewesen sein. Dies zeigt sich vor allem an der oft geradezu hölzernen Sprache, in der die schrecklichen Taten der Hauptfigur aufgerollt und rekapituliert werden, ohne dass daraus eine runde Erzählung, ein vollständiges Bild der Person entstehen würde. Bitters Nazi-Karriere verdient keine schönere Sprache, als die, die Laher ihm zugesteht. (Sebastian Fasthuber, Falter) Ludwig Laher hat sich mit Bedacht gegen das Genre einer klassischen Biografie entschieden. (…) Ludwig Laher zeichnet in seinem Roman das Porträt eines ebenso rücksichtslosen wie intelligenten Karrieristen. Friedrich Bitter ist von Ehrgeiz zerfressen, ein begnadeter Netzwerker in völkisch-nationalsozialistischen Milieus, ein fanatischer Aufsteiger, der seiner Karriere alles, aber auch wirklich alles unterordnet. Bitters Wandlungsfähigkeit ist enorm. Den Habitus des eiskalten Gestapo-Killers hat er ebenso drauf wie den des draufgängerischen Frauenhelden. Massenmörder und Charmeur, Sadist und Bel Ami, Friedrich Bitter vereint die widersprüchlichsten Charakterzüge in sich. (…) In sachlich-süffisantem Tonfall zeichnet Ludwig Laher das Leben Friedrich Bitter-Kranebitters nach. Es ist ein schwarzer Schelmenroman, den Laher da vorgelegt hat, eine grausame Spitzbubengeschichte von, ja, letztlich doch monströser Qualität. Friedrich Bitter-Kranebitter, der Schlächter von Charkow, erscheint als finsterer Zwilling Felix Krulls, als einer, der sich immer wieder rauswindet, wenn's eng wird. Nur, dass es an seiner Geschichte - anders als bei Felix Krull - nichts, aber auch gar nichts zu lachen gibt. (Günter Kaindlstorfer, ORF, Ex libris, SWR) Das Ungeheure lässt sich nur erzählen, wenn Erzähler und Leser mit ihrem jeweiligen Wissensschatz an das Thema herangehen. Ludwig Laher kümmert sich in seinem Roman „Bitter“ um eine hohe österreichische SS-Figur, an deren Beispiel sich der öffentliche Umgang mit der Historie herausarbeiten lässt. Gleich zu Beginn stellt Ludwig Laher das Konzept vor. Die Figur Bitter ist ein literarisches Statement, das mit den Mitteln der Fiktion, der Verkürzung und extremen Ausleuchtung arbeitet. (...) Ludwig Laher stellt eine Fasson der Figur vor, installiert mit dem Handwerk der Fiktion und ausgestattet mit dokumentarischem Erzählgeist. Die wahre Arbeit muss der Leser leisten, indem er diese Figur in seinem Lesekosmos und in seinem Leben adäquat installiert. - Eine anspruchsvolle Form des Erzählens und Lesens! (Helmuth Schönauer, Südtiroler Tageszeitung) Es ist die Geschichte des Kriegsverbrechers Fritz Kranebitter, anhand derer Ludwig Laher die Mechanismen des Bösen in den kleinen Alltäglichkeiten zeigt – über die noch viel zu wenig bekannt ist. (Julie August, Bücherschau) Ludwig Lahers neuer Roman "Bitter" erzählt eine Geschichte, die sowohl wegen ihres Inhalts als auch dank ihrer beeindruckenden literarischen Umsetzung wohl niemanden kaltlässt. (...) "Bitter" basiert auf Lahers gewohnt intensiver Recherche. (...) Dem Autor (...) gelingt es nach dem 2001 bei Haymon erschienenen Roman "Herzfleischentartung" ein zweites Mal, mittels eines Dokumentar-Romans die größte Barbarei des 20. Jahrhunderts mehr als nur spürbar zu machen. Die Lektüre von "Bitter" geht unter die Haut. (Matthias Part, Kulturbericht Oberösterreich) Nun holt der Schriftsteller Ludwig Laher die vergessenen Seiten des Friedrich Kranebitter ans Tageslicht und zeigt ein vielschichtiges Bild des nie für seine Verbrechen Verurteilten und 1957 an Krebs gestorbenen Oberösterreichers, den Laher Fritz Bitter nennt. (...) Ein Buch, das zur Vorsicht bei antidemokratischen Entwicklungen mahnt und einen Täter präsentiert, der sich jeglicher Verantwortung und Konsequenzen für sein skrupelloses Handeln entzogen hat. (Isabelle Muhr, ORF Fernsehen, Aktueller Dienst) Das Romanhafte vermisst man als Leser zwar, aber ankreiden kann man es Laher nicht. Angesichts der Fülle des Materials und vor allem angesichts der Ungeheuerlichkeit des Stoffs ist diese selbstauferlegte Beschränkung als Autor nicht nur verständlich, sondern beinah unumgänglich. Wenn einem erzählerisch mehr oder weniger die Hände gebunden sind, bleibt immer noch die Möglichkeit, als Autor bzw. Erzähler zu kommentieren. Hier schöpft Laher aus dem Vollen. (...) Im Großen und Ganzen mag alles allgemein bekannt sein, was Laher anhand der Lebensgeschichte des SS-Sturmbannführers Fritz Kranbitter alias Bitter präsentiert. Und doch entfaltet die Darstellung geschichtlicher Fakten anhand eines solchen Einzelschicksals in der Form eines Dokumentarromans noch einmal eine ganz eigene Kraft - wenn sie denn gut gemacht ist, so wie Lahers Bitter. (Friederike Gösweiner, literaturhaus.at) Lahers Ton ist sarkastisch, ein trockener Humor ist zwischen den Zeilen herauszulesen. Mit Fortschreiten der Erzählung greift der Erzähler selbst immer öfter in den Erzählfluss ein und was anfangs wie eine gänzlich fiktive Geschichte anmutet, entpuppt sich letztlich als Bericht, der realen Begebenheiten entspricht. Es ist das Leben eines Mannes, der sich stromlinienförmig durch den Lauf der Geschichte winden konnte, ohne jemals nennenswerte Blessuren an Körper oder Seele davongetragen zu haben. Es ist das Leben eines Mannes, der mit einer Unterschrift das Leben tausend anderer auslöschen konnte. Und was nach alledem zurückbleibt, ist die Frage danach, wie das möglich sein konnte. Laher beantwortet sie freilich nicht, aber er geht ihr akribisch und mit sprachlicher Kunstfertigkeit auf den Grund. (Sophie Weigand, Literaturen) Mit sarkastischer, zynischer Sprache zeichnet Laher ein Psychogramm eines Menschen, der es im Nationalsozialismus zu etwas gebracht hat. (...) Ludwig Laher hat für den Roman viel zeigeschichtliche Recherche verwendet und präsentiert nun (...) ein Buch der Zumutung an seine Leser/innen: Es mutet eine wortgewandte Sprachlosigkeit über das Unglaubliche aber Geschehene zu und weckt mit dichter Sprache das Gefühl für eine Vergangenheit, vor der wir auch heute noch auf der Hut sein müssen. (Ernst Gansinger, KirchenZeitung) Es ist im wahrsten Wortsinn eine "bittere" Geschichte, die der österreichische Schriftsteller Ludwig Laher in seinem Roman "Bitter" schildert. Er handelt vom Lebensweg des für seine Brutalität und berechnende Grausamkeit bekannten Gestapo-Chefs der Wiener Neustadt und Massenmörders von Charkow. In Anbetracht des Themas überrascht einiges an diesem schmalen, klugen Buch: Laher versucht nicht, die Psyche seiner Friedrich (Fritz) Bitter benannten Hauptfigur zu ergründen oder dessen Handlungsweisen nachzuvollziehen. "Bitter ist das gewissenhaft zusammengetragene Produkt von Dokumenten und Zeugnissen". Laher nimmt sich dabei die Freiheit, Fiktion und Wirklichkeit nebeneinander zu stellen. Als Erzähler formuliert und kommentiert er salopp, ist parteiisch, vor allem aber satirisch-sarkastisch im Tonfall. Ludwig Lahers Re-Konstruktion dieses spießbürgerlich durchschnittlichen Lebens eines Dr. Fritz Bitter ist in jeder Hinsicht an- und aufregend! Dem Wallstein Verlag sei auch für die sehr gelungene Gestaltung des Titelbildes gedankt. (mc, kohlhaasbuch.de) Kennen Sie den berühmten „Herrn Karl“ von Helmut Qualtinger und Carl Merz? Wenn nein: Dann schauen Sie ihn sich bitte an (...). Wenn ja: Dann lesen Sie bitte Ludwig Lahers Roman „Bitter“. Denn er ist eine notwendige Ergänzung dazu. Laher kommt in seinem Roman ganz ohne kabarettistische Überhöhung aus. Und doch ist die genauestens recherchierte Geschichte, die er erzählt, nicht weniger haarsträubend. (...) Verschweigen, Vertuschen, Umdeuten, Verniedlichen, Verharmlosen. So ist nicht nur Fritz Bitter durch den Krieg und vor allem durch die Nachkriegszeit gekommen. Er ist ein Beispiel für viele Österreicher – und auch Österreicherinnen. Und so gelingt es Ludwig Laher, mit seinem Roman „Bitter“ seine Leserinnen und Leser zum Nachdenken anzuregen. Und zum Nachdenken über die eigene Familie und deren Geschichte. Die Fragen nach dem „Wozu?“ eines solchen literarischen Werkes im Jahr 2014 erübrigen sich also. Denn mit dem Nachdenken kann man auch sehr spät anfangen. (Ambros Gruber, Kreidekreis) Ludwig Laher beleuchtet in seinem neuen Buch auch die Neustädter Zeit eines hochrangigen Nazis. (...) Packend nüchtern geschrieben, höchst lesenswert - nicht nur für Neustädter mit geschichtlichem Interesse. (Josef Kleinrath, Niederösterreichische Nachrichten) Akribisch recherchierter und exzellent erzählter Roman über einen Kriegsverbrecher ohne Reue. (...) Laher beschreibt das Leben Bitters präzise und distanziert-sachlich, bringt unentwegt neue Untaten ans Tageslicht, sucht aber nicht nach Erklärungen dieses Verhaltens - und lässt so die LeserInnen mit der Frage zurück: Darf denn das wahr sein? Und weil es wahr ist: Unbedingt lesen! (Karl Krendl, Bibliotheksnachrichten) Wie in den meisten Veröffentlichungen des in St. Pantaleon lebenden Autors Ludwig Laher fußt auch die Handlung seines neuesten Romans "Bitter" auf exakter Recherche und hat reale Ereignisse zum Vorbild. Fritz Bitter, der Protagonist der Neuerscheinung, ist in Wildshut geboren, in Schärding aufgewachsen, hat in Ried maturiert - und wurde unter anderem als Gestapo-Chef in Wiener Neustadt, Charkow und Verona zum NS-Kriegsverbrecher. Er war ein Meister des Sich-davon-Stehlens und konnte sich bis zu seinem Tod Ende der 1950er Jahre jeglicher Verantwortung entziehen. Laher hat dessen Privatleben und berufliches "Wirken" exakt recherchiert und setzt beides in Beziehung zueinander - distanziert aus der Perspektive eines sich zurücknehmenden Erzählers, der sich erst nach der Hälfte des Buches explizit als solcher ausweist und je nachdem, welche Positionen die Handelnden einnehmen, in fließendem Übergang unterschiedliche Sprachebenen einsetzt. (Sabrina Reiter, Tips Braunau) Schmerzlich für die LeserInnen ist auch Bitters Nachkriegsgeschichte: Nicht für seine Beteiligung am Massenmord wird er in Österreich verurteilt, sondern allein wegen seiner illegalen Mitgliedschaft in der NSDAP. Der Erzähler berichtet das alles in einem distanzierten, teils zynischen Ton, etwa über die italienische Widerstandsbewegung: »Und diese kommunistischen bis katholischen Verbrecherbanden genießen bei Teilen der Bevölkerung leider erstaunlichen Rückhalt ...« (...) Laher hat die Dokumente zu einem verstörenden, lesenswerten Roman verarbeitet. (Daniel Ernst, ak - analyse & kritik. Zeitung für linke Debatte und Praxis) Gerade, dass die Erzählung dieser Lebensgeschichte lange vor der NS-Machtergreifung beginnt, ist wichtig. Und dass sie weit in die Wirtschaftswunder- und Wiederaufbaujahre hineinreicht. Denn selbst als Toter verfügt Bitter offenbar noch über genügend Möglichkeiten, für sich einzunehmen und das Geschehene zu bagatellisieren. Am Ende versucht sich Laher, den Bedenken der Familie seines Roman-Vorbilds gegenüber seinem Schreib-Vorhaben zu stellen. (...) Es tut weh, das ist Laher bewusst. Aber Schmerz kann auch eine notwendige Begleiterscheinung beim Heilungsprozess sein. Und der scheint leider noch lange nicht abgeschlossen. (whl/jle, APA - Austria Presse Agentur) In seinem neuen Tatsachenroman greift der österreichische Autor wie schon in "Herzfleischentartung" ein NS-Thema auf. (...) Die durchaus spannende Lektüre dieses offensichtlich gewissenhaft recherchierten Romans wird nur durch den durchgehaltenen Sarkasmus erträglich, den Laher meisterhaft beherrscht. (Peter Vodosek, ekz. bibliotheksservice) Der Leser lernt diesen Friedrich Bitter von allen Seiten kennen, von der Volksschule bis hin zum Gestapo-Chef (...). Laher zeichnet aber nicht nur seinen Aufstieg im Nationalsozialismus nach, er beschreibt auch, wie es ihm und vielen anderen nach 1945 gelang, sich von den Verbrechen rein zu waschen und eine neue Karriere zu starten. - Laher ist Chronist und Psychologe. Umfassend, spannend, mit einer gehörigen Protion Sarkasmus und Respekt vor der Geschichte erzählt. (Daisy Liebau, Buchprofile/Medienprofile) Laher greift in seinem Roman eine aktuelle Diskussion auf: Wie schreibt man (fiktive) Texte über den Holocaust, ohne ihn selbst direkt oder indirekt erlebt zu haben? Wie können (vermeintlich) Außenstehende und Unbetroffene dieses Thema auf ihre eigene Art bearbeiten, damit es lebendig bleibt und nicht zur verblassenden Erinnerung wird? Ludwig Lahers „Bitter“ ist dabei ein Beispiel für einen neuen Weg. Er nutzt eine ungeheure Vielzahl an Quellen – die er akribisch in seinem Roman nennt – und bleibt sehr nah am Geschehen. Gleichzeitig schöpft er dabei die Möglichkeiten der Literatur aus, findet einen ganz eigenen und vor allem neuen Ton für historische Geschehnisse. Dadurch liefert er eine Erklärung für die ihn quälende Frage nach dem Warum der Taten, die möglich aber nicht zwingend ist: Bitter gilt „als Folie, […] als schmerzliche Illustration für einen bemerkenswerten, keineswegs aber einzigartigen Sachverhalt“ (S. 220) und letztlich als „Herausforderung“ (S. 233). Eine Herausforderung, die hoffentlich viele Leser annehmen werden. (Christiane Weber, Arbeitsgemeinschaft Holocaustliteratur) Mit Bitter vollzieht Ludwig Laher die erzählende Lebensrekonstruktion eines paradigmatischen österreichischen Mitläufers und Karrieristen zur Zeit des Nationalsozialismus, dem es gelingt, seine mittleren Positionen in der Gestapo- und SS-Hierarchie mit Hilfe von Gerichten und Landesregierungen der 2. Republik zum Großteil wie ungeschehen zu machen. Seine teils dokumentierten, teils als naheliegend vermutbaren Taten und Untaten in Wiener Neustadt, in der Ukraine und in Italien bleiben ungesühnt, nicht zuletzt dank der anwaltlichen Hilfe des späteren Staranwaltes Michael Stern, der mit dem realen Vorbild des Romanprotagonisten, von Laher Dr. Fritz Bitter genannt, seit 1938 schicksalhaft verflochten war. Lahers oft in schneidendem Sarkasmus gehaltene literarische Nachforschung stützt sich auf zahllose Dokumente aus Österreich, Deutschland, Italien und der Ukraine, (www.alte-schmiede.at) Erinnerungsarbeit "gegen das Verfaulen" betreibt auch der österreichische Schriftsteller Ludwig Laher mit seinem Dokumentarroman "Bitter". So wie in Deutschland, Frankreich oder Italien wuschen auch in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg viele ihre Hände in Unschuld, Täter und Mitläufer. (...) Laher nennt seinen Protagonisten "Fritz Bitter", schließlich ist es ein Roman: "Natürlich ist er es. Natürlich ist er es nicht." (Klaus Nilius, Ossietzky) Der öffentliche Umgang mit unserer eigenen Geschichte ist Rahmen des neuen Romans von Ludwig Laher. (...) Manchmal ist der Erzähler distanziert wie ein Chronist, an anderer Stelle ganz nah am Geschehen, dann wieder hält er diese Nähe nicht aus und macht sich in Ausbrüchen Luft. Ein starkes Stück Literatur. (AUSSENWIRTSCHAFT magazine) Es ist eines dieser Bücher über die NS-Zeit, die in einem die kalte Wut aufsteigen lassen. »Bitter« zeichnet in kühlen oft zynischen Formulierungen die Geschichte eines der »österreichischen« Massenmörder, vom illegalen NSDAP-Mitglied (und natürlich Burschenschafter) in Wien bis zum hochrangigen Gestapomann und SS-Offizier in der Ukraine und in Italien nach. (...) Es dreht einem den Magen um, wenn man liest, wie die Opfer, die Bitter einst auch aus persönlichen Gründen und um sich zu bereichern, denunziert hatte, vor den Gerichten des neu erstandenen Österreich kein Recht bekommen. Nicht der Arzt, den Bitter in die Psychiatrie einweisen ließ um seinen Posten einem Freund zuzuschanzen, nicht die Frau, der er wegen eines Nachbarschaftsstreits seine Gestapo-Schergen auf den Hals hetzte. (Tom Dariusch-Allahyari, Linkswende) In seinem hochpolitischen Buch "Bitter" hat Laher akribisch alles Wissen über Kranebitter zusammengetragen. (...) Es ist so ungeheuerlich, wenn man bei Laher liest, wie der Mann in Charkow die vergasten Körper seiner Opfer akribisch stapeln, mit Benzin übergießen und anzünden ließ und dann, dass er "ausgesöhnt mit der Welt und ganz friedlich" 1957 eingeschlafen sei. Unfassbar traurig, ja erbost und fassungslos lässt einen das Buch zurück. (Stefan Rammer, Passauer Neue Presse) Das größte Verdienst dieses Buches sind die im Nachwort akribisch aufgelisteten Recherchen sowie die Verschränkung der privaten Biografie und Familiengeschichte mit der Gestapo-Karriere und den Umständen, unter denen Bitters Kriegsverbrechen geschehen sind. Auch reflektiert Laher seine verschiedenen Quellen und die Selbstzeugnisse Bitters nachvollziehbar, nur die sowjetischen Kriegsverbrecherprozesse sieht er durch eine rosa Brille. Wobei zu konzedieren ist, dass der erste dieser Prozesse, der Charkower Gerichtstag – Bitter war in Charkow (dem heute ukrainischen Charkiw) Gestapo-Chef – tatsächlich der einzige war, bei dem man sich tatsächlich bemühte, Bitters Verbrechen aufzudecken. Sonst herrschten Gleichgültigkeit und Stümperei in unvorstellbarem Ausmaß bei der ignoranten italienischen Justiz, aber auch bei den amerikanischen Besatzungsbehörden. Im Nachkriegsösterreich, da gab es sogar ein strukturelles Interesse, die Täter nicht zu sehen, um die von der Moskauer Deklaration festgeschriebene Rolle Österreichs als Opfer Nazi-Deutschlands nur ja nicht zu gefährden. So gelang es dem trickreichen Juristen Fritz Bitter immer wieder, sich herausreden zu können. Lediglich den Makel des illegalen Nazi im Ständestaat wurde er nicht los. So macht die Darstellung seines Falles exemplarisch deutlich, wie man in Österreich lange mit der Nazi-Vergangenheit umgegangen ist. Auf politischer und juristischer Ebene wurde das schon oft analysiert; interessant ist Lahers Darstellung, wenn es um die Rolle der Familienglieder und Verwandten geht, und ganz besonders, wenn er zeigt, wie sogar der jüdische Rechtsanwalt Stern mithalf, Bitter reinzuwaschen. Stellt sich nur die Frage, wozu es für das alles einen Roman braucht und ob eine Biografie oder eine kommentierte Dokumentation nicht adäquater gewesen wäre. (Cornelius Hell, Die Presse) Zorn und Wut kommen auf. Der berufliche und private Werdegang des Gestapochefs von Wiener Neustadt. Nein, es ist nicht der Franz Bitter des Buches, den gibt es nämlich nicht. Aber den hochrangigen NS-Funktionär Dr. Friedrich Kranebitter, den gab es wirklich. Doch was Bitter da so im Buch aufführt, hat besagter Kranebitter in Realität aufgeführt. Zorn und Wut kommen deswegen auf, weil es sich wieder wer richten konnte. Ganz ein wichtiges Buch. (Marie-Therese Reisenauer, Thalia Wien) Wenn man sich nicht am Anfang davon abschrecken läßt, dass das Buch mehr eine Biographie als ein Roman ist, dann kann man es als sehr gelungen bezeichnen. Laher gelingt es mit Fritz Bitter, der real unter einem anderen Namen existierte, beispielhaft einen NS-Täter herauszugreifen, so wie es sie in NS-Deutschland millionenfach gab. Typisch ist auch der Umgang der Justiz mit ihm nach 1945, wo es eher um das schnelle Vergessen und Verdrängen, als um Aufarbeitung oder Bestrafung ging. (lesabot.de) Ein Roman, der nicht dadurch besticht, wie Kriegsverbrecher es nach 1945 geschafft haben, sich aus der Verantwortung zu ziehen. (...) Das Spannende an diesem Buch ist, dass diesem Bitter quasi durch den Autor selbst der Prozess gemacht wird. Sehr empfehlenswertes Buch, vor allem für jene, die immer noch meinen, Österreich sei ein Opfer einer unrühmlichen Geschichtsschreibung! (LiteraturBlog)
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